Beste Dissertation 2023: Dr. Georgios Mitrentsis (Universität Stuttgart) Beste Masterarbeit 2023: Christina Schumacher (Hochschule Flensburg)
Am 01.12.23 haben wir beim diesjährigen Finalsymposium des GEE-Preis des Energieforums Berlin wieder zwei hervorragende wissenschaftliche Arbeiten ausgezeichnet. Wie jedes Jahr haben wir jeweils die drei besten Arbeiten der Kategorien „Beste Masterarbeit“ und „Beste Dissertation“ nach Berlin eingeladen, um durch die Präsentation und die damit verbundene Diskussion die beste Arbeit des Jahres zu küren. Der neue Veranstaltungsort – der Campus der FernUni Hagen am Kranzler Eck – überzeugte uns mit seiner Ausstattung und so konnten wir unseren Aufwand zum Angebot einer hybriden Veranstaltung verringern und bedanken uns vorab bei dem FernUni Team.
Dieses Jahr erreichten uns insgemsamt 29 Einreichungen für die Kategorien „Beste Masterarbeit“ und „Beste Dissertation“. Die Juryliste war auch dieses Jahr sehr breit aufgestellt und beinhaltete:
Aaron Praktiknjo, Ingela Tietze, Christoph Weber, Patrick Jochem, Georg Erdmann, Anke Weidlich, Valentin Bertsch, Dominik Möst, Michael Bucksteeg, Anne Neumann, Philipp Riegebauer, Fritz Brauer, Max Happach, Fabian Scheller, Lars Nolting, Andrej Guminski, Kim K. Miskiw.
Im ersten Block wurden die besten Masterarbeiten vorgestellt. Krisitina Schumacher von der Hochschule Flensburg stellte als erstes vor. In ihrer Masterarbeit untersuchte sie wie eine dekarbonisierte Fernwärmeversorgung kostenoptimal erreicht werden kann. Dafür erstellte sie ein objektorientiertes lineares Optimierungsmodell der Stadt Flensburg. Ihr Modell enthält stundengenaue technologiebasierte Wirkungsgrade und auch Speicherkapazitäten, die sie mit Hilfe eines zweiten Modells iterativ im Modell linearisierte. Sie zeigte auf, dass eine 100% CO2-neutrale Wärmeversorgung in Flensburg möglich ist und, dass Ihre Optimierung zu geringeren Kosten führt, als derzeit von den Stadtwerken Flensburg, ihrem Anwendungspartner bei der Abschlussarbeit, gerechnet wird.
Carina Haller von der Universität Tübingen zeigte im Anschluss die Ergebnisse aus ihrer Abschlussarbeit mit dem Titel „Residential Energy Consumption of German Low-Income Households: The Influence of Social Benefit Transfers“. Der Fokus in dieser Arbeit lag auf dem Effekt von Sozialleistungen und Energiearmut. Dabei untersuchte sie die Determinanten der Energienachfrage von Haushalten mit geringem Einkommen und welchen Einfluss Sozialleistungen auf eben diese Energienachfrage haben. Sie arbeitete mit Daten der Caritas zum Energiesparverhalten. Mit diesen Daten erstellte Carina Haller eine lineare Regression (ordinary-least-squares) sowie eine durch Machine Learning unterstütze feature selection mit einem double selection post-lasso Verfahren. Aus der Analyse konnte sie mehrere Policy-Empfehlungen geben: So zeigt sie, dass Klimageld ein wirksamer Mechanismus gegen Energiearmut ist und dass Anreize gesetzt werden müssen, dass Haushalte in energieeffiziente Wohnungen ziehen, sowie nichtmonetäre Unterstützungsmechanismen etabliert werden müssen, die zum Energiesparen anregen.
Dominik Eble schloss den Block ab und zeigte eine Analyse mit dem Titel „Designing electricity markets of the future: On the role of information for social acceptance regarding different market design options”. Er schrieb seine Abschlussarbeit an der Universität Augsburg. In seiner Abschlussarbeit kombiniert Dominik Eble die Themen von unterschiedlichen Marktdesigns und Akzeptanzthemen. Dabei motiviert er seine Arbeit, dass es für Bürger sehr schwer ist, Informationen über Marktdesigns zu erhalten, Konsequenzen abzuschätzen und so auch bestimmtes Akzeptanzverhalten abzuleiten. Dazu hat Dominik Eble ein Modell erstellt, welches die Unterschiede zwischen Preisen und Ausbau von erneuerbaren Energien in den Marktdesigns von zonaler Preisbildung sowie Einheitspreisbildung zeigt. Danach wurden die Modellergebnisse mit verschiedenen Designelementen und dargestellten Informationen visualisiert. Mit diesen Visualisierungen hat Dominik Eble Umfragen durchgeführt, welche Aufschluss darüber liefern sollten, welche Informationen die Akzeptanz von Marktdesigns unterstützen. Durch die Umfrage konnte aufgezeigt werden, dass die zonale Preisbildung auf Akzeptanz trifft und dass eine positive Einstellung zu Änderungen des Marktdesigns auch zu Akzeptanz der zonalen Preisbildung.
Die Qualität der Arbeiten war wie gewohnt extrem hoch und die Jury diskutierte lange. Am Ende setzte sich Christina Schumacher durch. Aufgrund der hervorragenden Präsentation sowie des Detailwissens und der Transferleistung in der Diskussionsrunde entschied sich die Jury, die Arbeit „Titel“ als beste Masterarbeit 2023 auszuzeichnen.
Der zweiten Block befasste sich danach mit den besten Dissertationen. Den Anfang machte Florian Zimmermann, der sich am KIT (Karlsruher Institut für Technologie) mit dem Thema „Effekte von Kapazitätsmechanismen in gekoppelten Strommärkten“ befasste. Dazu nutzt er das agentenbasierte Strommarktmodell PowerACE für die Analyse von Kapazitätsmechanismen. Dabei widmete er drei Paper seiner kumulativen Dissertation unterschiedlichen Gruppen von Ländern (1. Deutschland, 2. westliche und südliche Nachbarländer sowie 3. alle Nachbarländer & UK & iberische Halbinsel) und untersuchte grenzüberschreitende Effekte von nationalen Kapazitätsmechanismen. Eine der Kernaussagen der Arbeit lautet, dass ein Kapazitätsmarkt zu einem stärkeren Ausbau von Erzeugungskapazitäten führt. Die Angemessenheit der Erzeugungskapazitäten in Deutschland ist trotz Fehlen eines Kapazitätsmarktes weiterhin gegeben, jedoch wies Florian Zimmermann darauf hin, dass modellintern Deutschland in manchen Szenarien die Rolle eines Trittbrettfahrers einnimmt. In seiner kritischen Würdigung zeigte Zimmermann auch auf, dass ein vorgezogener Kohleausstieg und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Preisanstiege in seiner Dissertation nicht abgebildet sind. Dennoch konnte er den Gesamteffekt, die Ausmaße und auch die Effektrichtung von unterschiedlichen unkoordinierten nationalen Kapazitätsmechanismen darstellen und auch argumentativ stark untermauern.
Danach stellte Georgios Mitrentsis (Universität Stuttgart) die Dissertation mit dem Titel „Data-Driven Dynamic Modeling of Active Distribution Networks using Artificial Intelligence Techniques“ vor. In dieser Präsentation zeigte Mitrentsis, wie Verteilnetze besser in einem dynamischen Energiesystem abgebildet werden können. Hervorzuheben war hierbei die Kombination aus traditionellen Datenaufbereitungen mit einer groß angelegten Messkampagne von Verteilnetzen mit einem KI-Ansatz. Diese Kombination ermöglichte eine Clusteranalyse der Messreihen der Verteilnetze, welche es ermöglichen sollte, nicht ein Modell für jedes physische Netz aufstellen zu müssen, sondern ein Modell pro Cluster. Mitrentsis konnte dadurch unterschiedliches Verhalten bei der Wiederherstellung von Last und Spannung aufzeigen. Die Ergebnisse wurden dann genutzt, um Unsicherheiten abzubilden und Prognosen abzugeben und so konnte technisches Verhalten von Verteilnetzen durch ein probabilistisches Modell abgebildet werden. Mitrentsis Ansatz und die damit verbundenen Messungen gehören derzeit zu den größten Messungskampagnen weltweit.
Im Anschluss präsentierte Philipp Runge von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg das Thema „Scaling up the global hydrogen economy: Opportunities and challenges for Germany as an industrialized country”. Seine Dissertation besteht aus 5 separaten Artikeln. Das Thema hat besondere Relevanz, weil Wasserstoff in der letzten Zeit eines der meistdiskutierten Themen in der Energiewirtschaft ist. Runge stellte als erstes einen Artikel vor, in dem er synthetische Brennstoffe, die aus Wasserstoff gewonnen werden, miteinander vergleicht. Dabei analysiert er die Kosten jedes Schrittes des Herstellungsprozesses der unterschiedlichen Brennstoffe. Die Kosten wurden einerseits anhand eines Einheitspreises und andererseits anhand eines zonalen Energiesystemmodells von Deutschland abgeleitet. So können ideale Produktionsstandorte in Deutschland untersucht werden. Im zweiten Artikel, den Philipp Runge vorstellte, zeigte er eine globale Analyse der synthetischen Brennstoffe. Darin zeigt er, dass Fischer-Tropsch-Derivate die teuersten Brennstoffe sind und Wasserstoff, Methanol sowie LOHC einen Kostenvorteil besitzen. Im dritten Artikel, fokussierte sich Runge auf Ammoniak und den Handel zwischen Deutschland und Australien und die Herstellungskosten. Danach schlug er den Bogen zu den möglichen Anwendungsbereichen für Wasserstoff in einer Analyse der Transformation von Wertschöpfungsketten in der Industrie für Deutschland. Im letzten Artikel untersuchte Runge blauen Wasserstoff und seine Rolle als Treibhausgas. Dabei spielte Erdgas wieder eine wichtigere Rolle in der deutschen Energiewirtschaft.Die Kernaussagen der Dissertation sind, dass die Wasserstoffwirtschaft ein globaler Markt sein wird, dass die Glieder der Wertschöpfungskette unterschiedlichen Einfluss auf Kosten sowie Ausbreitung haben und dass die Transformation schon heute begonnen hat, denn Investitionskosten zu industriellen Prozessen sowie Infrastrukturen müssen schon heute getroffen werden.
Auch die Dissertationen spiegelten das enorm hohe Niveau der Einreichungen wieder. In dieser Kategorie beriet sich die Jury ebenfalls umfangreich und kürte dann Georgios Mitrentsis zum Gewinner des GEE-Preises des Energieforums Berlin 2023 in der Kategorie „Beste Dissertation“.
Die Preise wurden wie gewöhnlich beim gemeinsamen Abendessen in dem Restaurant Tiergartenquelle vergeben.
An dem Event nahmen ca. 20 Personen in Präsenz und 15 Personen online teil. Wir sind glücklich über die digitale Teilnahme und es zeigt uns, dass wir den richtigen Schritt mit dem hybriden Format gegangen sind. Schade ist jedoch die schon vor der Coronapandemie verzeichnete zurückgehende Zahl an Präsenzteilnehmenden. Hier sehen wir als GEE ein großes Verbesserungspotenzial und werden uns im nächsten Jahr überlegen, wie eine Präsenzteilnahme attraktiver gestaltet werden kann.